Nach gegenwärtigem Kenntnisstand wurde Seidewinkel (Židžino) in einer am 28.März 1401 - am Montag nach Palmarum - in Prag ausgestellten Urkunde erstmals erwähnt. Die betreffende Urkunde befand sich ehemals im Staatsarchiv Breslau und gilt als Kriegsverlust. Sie ist in: “Oberlausitzer Beiträge - Festschrift für Richard Jecht“, Görlitz 1938, Seite 230 enthalten.

 

Heinrich von der Duba übte (nach Knothe) seine erbherrschaftlichen Rechte bis 1441 aus. Derer von der Duba waren im Böhmischen zu Haus. Durch Kriege, Heirat , Verkauf oder Verpfändung unterstand Hoyerswerda und damit auch Seidewinkel den unterschiedlichsten Regierungen und Herrschaften - gehörte zeitweise zu Böhmen, Preußen oder Sachsen. Von 1469 - 1493 gehörte es zu Ungarn. (König Matthias war König von Ungarn und König von Böhmen.)

Der Ort lag damals wahrscheinlich weiter westlich in einem Bogen der Schwarzen Elster. Der Fluß brachte oft Überschwemmungen, unter denen die Dorfbevölkerung und seine Ackerflächen zu leiden hatten. Daher haben die Bauern ihrer Höfe später am jetzigen Ort angelegt.

Das Dorf gehörte mit seinen annähernd 400 Einwohnern (im vorigen Jahrhundert ) zu den großen Orten der Herrschaft Hoyerswerda und mit seinen Diensten zum Schloß-Vorwerk Hoyerswerda. („Wenn von Herrschafts-Bediensteten jemand heraus kam, so mußte diese der Richter selbst versorgen.“ Im Jahre 1744 verzeichnet die Kullmann-Chronik für Seidewinkel u.a. 2 Richtergüter, die Kullmann-Chronik für das Jahr 1852 4 Erbrichtergüter.)

Nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses 1815 kam das Gebiet der Herrschaft Hoyerswerda zu Preußen. Regierungsbezirke wurden gebildet.

1825 wurde Hoyerswerda dem Regierungsbezirk Liegnitz als selbständiger Kreis angegliedert.

Seidewinkel bildete vom 01.01.1991 bis zum 30.06.1995 mit Nardt und Bergen-Neuwiese eine Verwaltungsgemeinschaft - war jedoch eine weitgehend selbständige Gemeinde mit einer ehrenamtlichen Bürgermeisterin.

Zum 01.07.1995 schlossen sich 9 Gemeinden zur Gemeinde „Elsterheide“, mit Verwaltungssitz in Bergen, zusammen. Neben dem Aufbau der Infrastruktur und den gemeinsamen Aufgaben bei der Bergbausanierung, sollen der ländliche Status und somit die Sitten und Bräuche in den einzelnen Ortsteilen erhalten werden.

Mit den verschiedenen Arten seiner Trachten und der kirchlichen Verwaltung gehört Seidewinkel zum Kirchspiel Hoyerswerda (Gemeinde der Johanneskirche Hoyerswerda)

Klein Seidewinkel, auch als Kolonie Seidewinkel bezeichnet, liegt nordöstlich vom Dorf Seidewinkel.

auch als Kolonie Seidewinkel bezeichnet, liegt nordöstlich vom Dorf Seidewinkel.

Die ersten Hausbauten in Klein Seidewinkel fallen in die Zeit der Separation = Flurneuordnung. (laut Separationsbuch zu Seidewinkel 1841-1845) Eventuell kann diese, durch fortlaufende Erbteilung erforderliche Reform, mit der Besiedlung der Kolonie Klein Seidewinkel in Verbindung gebracht werden. Die nachzuweisenden Daten der Bebauung gehen auf die Zeit um 1850 zurück.

Aus verschiedenen Chroniken und Überlieferungen wissen wir auch, daß in Seidewinkel immer wieder große Schäden und Verluste an Gehöften durch Großbrände zu beklagen waren. So verzichteten einige Hausbesitzer nach einem Brand auf den Neuaufbau im Dorf und bauten ihr neues Anwesen auf einem anderen Fleck ihres Besitzes - nahmen jedoch ihre Hausnummer mit. So fanden wir z. B. die Hausnummern 23 und 25 in Klein Seidewinkel.

 

Seidewinkel - Židžino

Die Schreibweise des Ortsnamens wandelte sich im Laufe der Jahrhunderte. Wir finden:

1401 Sydewinkel
1462 Seydewingkil
1568 Seydewinckel
1800 Schidziny
1831 Zidžin


So vielfältig seine Schreibweise, so verschiedene Deutungen für die Entstehung des Namens gibt es auch:

Sehr wahrscheinlich ist Seidewinkel das Dorf im Winkel zwischen zwei Wasserläufen.

(Židov - als Gewässerbezeichnung zu žid - „flüssig“)

In der Chronik von Pfarrer Frenzel finden wir 1744: „Es hat seinen Namen von dczi denuko, ist das, gehe in den Winkel, es liegt gleichsam als wie in einem Winkel, gegen dem Holze zu“

Im Kullmann-Verlag heißt es 1852:“ Seidewinkel lag sonst weiter westlich unweit der Elster, links des jetzigen Dammes, wo ein ziemlich großes Ackerstück von 2 Seiten mit Wasser eingeschlossen (gleich einem Winkel) noch jetzt „stare“ ( das heißt alte“) genannt wird.

In „Ortsnamen der Oberlausitz“ von Jan Meschgang finden wir 1973:

„Seidewinkel scheint der im Winkel gelegene Ort eines Seidel gewesen zu sein, d.h. abseits im Hoyerswerdaer Forst hinter der Schwarzen Elster. - Seidel ist eine Kurzform von Siegfried“

Eine weitere Deutung kann durch eine Verwechslung in der Schreibweise entstanden sein:

žid = Jude, žida = Seide - Vielleicht hat einst ein Jude an diesem Ort gebaut oder fand bei einem Einheimischen ein Unterkommen und Quartier. Das sind jedoch nur Vermutungen. Eine Verbindung, zwischen der Entstehung des Ortsnamens Seidewinkel und einer einstmals vorhandenen Seidenraupenzucht, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Die am Schwarze-Elster-Kanal vorhandenen Maulbeerbäume können erst nach dessen Ausbau 1933/34 gepflanzt worden sein.

 

Das Findelkind

Nach alter, mündlicher Überlieferung soll einst auf Seidewinkler Gebiet ein Säugling ausgesetzt worden sein. Da seine Herkunft nicht geklärt werden konnte, erhielt dieses Kind den Familiennamen Seidewinkel. Leider ist das Geschehen zeitlich nicht einzuordnen. Hier gibt es - wie auch beim Fundort - verschiedene Versionen. In den Kirchenbüchern der Johanneskirche in Hoyerswerda konnte ich bisher nichts zu unserem Findelkind finden.

Im Jahre 1959 wandte sich ein „Seidewinkel“ mit einer Postkarte an die „Postbehörden von Sachsen“, mit der Bitte, um Unterstützung in einer Familienangelegenheit. Diese Postkarte wurde an das Gemeindeamt Seidewinkel weitergeleitet. Auf Grund der damaligen politischen Lage war eine Antwort wohl nicht möglich und die Karte geriet in Vergessenheit und blieb in den Unterlagen. So gelangte sie 1994 in meine Hände und ich versuchte, den Absender oder etwaige Nachfolger, ausfindig zu machen. Leider ohne Erfolg!

Durch weitere Nachforschungen fand ich einige Familienmitglieder mit dem Familiennamen Seidewinkel, der bis nach Dänemark verbreitet ist. Durch die Mithilfe der Familien erhielt ich weitere Hinweise. Bereits 1933 muß ein „Seidewinkel“ unseren Ort besucht haben, wie die Kopie einer Seidewinkler Ansichtskarte aus diesem Jahr belegt.

Besonders interessant waren für mich die Unterlagen und Hinweise aus dem Archiv der Festung Königstein und von Herrn Ziegenbalg aus Dresden. Aus den gefundenen Unterlagen schrieb er u.a. auch die tragische Familiengeschichte des Festungsbauwartes Karl Heinrich Seidewinkel auf.

Mein Interesse an „unserem Findelkind“ gewährte mir Einblicke in die Geschichte der Familien Seidewinkel. Ob nun der Festungsbauwart oder der Kasernenwärter der Festung Königstein, der Inhaber einer Metallgießerei und eines Armaturenwerkes in Hamburg, der Hafendirektor, der Kunsthändler, die Architektin oder die Bezirksamtsleiterin, sie alle haben eines gemeinsam - den Namen „Seidewinkel“. Einen konkreten Nachweis, der uns zu unserem gesuchten Findelkind führen könnte, gibt es bisher aber nicht!

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Seidenraupen in Seidewinkel

Bei der Suche nach der Herkunft des Ortsnamens Seidewinkel wurde immer wieder eine einstmals vorhandene Seidenraupenzucht erwähnt. Nach heutigen Erkenntnissen kann der Ortsname damit nicht in Verbindung gebracht werden - auch nicht die am Schwarze-Elster-Kanal vorhandenen Maulbeerbäume. (Der Kanal wurde erst im Jahr 1934 angelegt)

Im Jahre 1952 erhielt die Schule in Seidewinkel vom Rat des Kreises Hoyerswerda den Auftrag, eine Seidenraupenzucht zu beginnen. Im Schuppen der Schule wurden unter Anleitung von Lehrer Wehack die etwa mohnkorngroßen Eier auf Regalbrettern in Hürden ausgebreitet. Woher die Eier kamen? Diese Frage ließ sich nicht klären - nach Auskunft der damaligen Schüler kamen sie mit der Post!

Die Schüler pflückten an der Schwarzen Elster die Blätter des Maulbeerbaumes, mit denen die schnell heranwachsenden Raupen gefüttert wurden. So konnten sie den gesamten Entwicklungsprozeß aus nächster Nähe mit verfolgen - vom Ei, über das Wachstum der Raupen bis hin zum Kokon. Noch heute ist den damaligen Schülern das Geräusch der ewig fressenden Raupen gegenwärtig!

Die Seidenraupenzucht an der Seidewinkler Schule ging nur über eine Entwicklungsperiode - bis zur „Verpuppung“. Wohin wurden die Kokons gebracht und weiter verarbeitet? Leider ließ sich auch diese Frage nicht mehr beantworten!

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